Es lebe der Zentralfriedhof und alle seine Toten. Was auf den ersten Blick ein wenig morbid klingt, ist so typisch für unser Wien. Es handelt sich um eine Zeile im Song des bekannten österreichischen Liedermachers Wolfgang Ambros. Dieses makaber anmutende Musikstück ist jedoch viel eher eine Hommage an einen der größten Friedhöfe Europas.

Der Wiener Zentralfriedhof verfügt über die immense Fläche von etwa zweieinhalb Quadratkilometern. Rund drei Millionen Verstorbene finden hier in rund 330.000 Grabstellen ihre letzte Ruhe. Zahlreiche Ehrengräber sowie die im Jugendstil gehaltenen Bauwerke machen ihn zu einer der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten unserer Stadt.

Ein neuer Friedhof entsteht

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts mussten alle Friedhöfe aus dem Inneren der Stadt weichen. “Communale” Friedhöfe in den Vororten entstanden. Doch schon bald sollten diese ob der wachsenden Einwohnerzahlen und damit auch der Verstorbenen an ihre Grenzen geraten. Der Bau eines Zentralfriedhofs weit außerhalb von Wien unter Gemeindeverwaltung wurde beschlossen.

Im Jahr 1870 wurde im Zuge eines Wettbewerbs ein Frankfurter Architektenteam mit der Errichtung des neuen Friedhofs betraut. Bereits ein Jahr vor der offiziellen Eröffnung im Jahr 1874 musste aufgrund der Auslastung aller communalen Friedhöfe ein Teil des Geländes provisorisch als Grabstätte genutzt werden.

Die Besonderheit am neuen Wiener Zentralfriedhof war sein interkonfessioneller Charakter und die Tatsache der Konfessionslosigkeit. Jede Glaubensgemeinschaft sollte auf Wunsch ihren eigenen Bereich zugeteilt bekommen. All das sorgte in katholischen Kreisen für entsprechenden Unmut und es kam schon vor der Eröffnung zu Kundgebungen und Protesten.

Ungewollte Ruhestätte

Doch auch die Wiener konnten mit ihrem neuen Friedhof so rein gar nichts anfangen. Die Anreise war beschwerlich, das Areal karg und trostlos. Dazu kamen die endlos langen Leichentransporte mit dem Pferdewagen, die den Wienern den Tod laufend vor Augen führten.

Um gegen diese negative Stimmung anzugehen, wurden prominente Persönlichkeiten wie Schubert oder Beethoven von anderen Friedhöfen nach Simmering verlegt. Die Friedhofskirche zum heiligen Karl Borromäus sollte zusätzlich Besucher anlocken.

Zeiten ändern sich

Heute liegt der Zentralfriedhof am südöstlichen Stadtrand, im 11. Wiener Gemeindebezirk Simmering. Er ist einer der größten und kulturhistorisch bedeutsamsten Friedhöfe in Europa. Seine Parklandschaft verfügt über eine faszinierende Flora und Fauna und verbindet auf beeindruckende Art das Leben mit dem Tod.

Über die Simmeringer Hauptstraße ist der Friedhof mit dem Auto ganz einfach zu erreichen. Klassischer kommen Besucher mit der Straßenbahnlinie 71 zum Friedhof. Diese Linie hat eine ganz besondere Geschichte.

Während der Zeit der spanischen Grippe um 1918 brachte ein spezieller Waggon dieser Linie - meist in der Nacht - die zahlreichen Toten zum Wiener Zentralfriedhof. Bis heute wird der 71er umgangssprachlich in Liedern und Anekdoten mit dem Zentralfriedhof und damit mit dem Tod in Verbindung gebracht.

Auf den Spuren berühmter Wiener

Eine Besichtigung des Wiener Zentralfriedhofs ist keineswegs pietätlos. Es ist vielmehr das Eintauchen in das leicht morbide Lebensgefühl der typischen Wiener. Einen Plan des Friedhofs und der Ehrengräber erhalten Besucher bei Tor 2. Heute ist der Zentralfriedhof aber auch schon mittels einer speziellen App zu erkunden. Die Hearonymus App führt Sie zu den bedeutendsten Grabstätten und agiert so als kostenloser Guide.

Spazieren Sie vorbei an faszinierenden Grabanlagen wie jenen von Hans Moser, Ludwig van Beethoven oder Franz Schubert. Ein ganz besonderes Highlight unter all diesen Gräbern ist jenes des ehemaligen österreichischen Künstlers Hans Hölzel. Falco wurde hier im Jahr 1998 beigesetzt. Sein Grab ist weithin sichtbar. Ein drei Meter hoher Obelisk und eine riesige Glasplatte mit dem Konterfei des Künstlers sind besonders markant.

Besonderheiten am Friedhof

Bewundern Sie Arkadengrüfte, opulente Monumente oder pompöse Mausoleen und erleben Sie die einmalige und leicht gruselige Atmosphäre dieses speziellen Ortes. Ganz konträr zu den Grabmälern präsentiert sich dann die Friedhofskirche zum Heiligen Karl Borromäus. Sie stellt eine der schönsten Jugendstilkirchen Wiens dar.

Heute ist der Friedhof Lebensraum für Rehe, Eichhörnchen, Dachse, Marder und viele weitere Tierarten. Also nicht erschrecken, wenn es im Gebüsch raschelt. Und auch nicht wundern, wenn ein Radfahrer oder gar Fiaker Ihren Weg kreuzt. Die Wiener lieben es geradezu, auf dem Zentralfriedhof zu joggen. All das ist auch erlaubt.

Für all jene, die sich gerne gruseln, finden von Oktober bis März spannende Nachtführungen auf dem Friedhof statt. Hier können Sie die Grabstätten mit der Taschenlampe erkunden und eine Menge interessanter und skurrile Geschichten erfahren. Fiakerfahrten können ab dem Tor gestartet werden. Möglich ist das von April bis Oktober täglich von 10 bis 17 Uhr.

Öffnungszeiten:
Täglich 7.00 bis 18.00 Uhr

Lage/Anreise