Ein mächtiges Gebäude mit Säulen, vor dem Pallas Athene, die griechische Göttin der Weisheit thront, lässt auf den ersten Blick beinahe an Griechenland denken. Doch wir sind inmitten von Wien, genauer gesagt an der Wiener Ringstraße. Pallas Athene steht nicht vor einem griechischen Tempel, sondern vor dem Wiener Parlament, dem Sitz des Nationalrates und des Bundesrates der Republik Österreich.

Der Reichsrat

In den Anfängen des Parlaments, damals Reichsrat genannt, fanden die politischen Zusammenkünfte für mehr als 20 Jahre in provisorischen Räumlichkeiten statt. Im September 1874 erfolgte dann endlich die Grundsteinlegung für das neue Reichratsgebäude. Entworfen wurde das heutige Parlamentsgebäude von Theophil von Hansen.

Verantwortlich für die griechische Optik war der aus Griechenland stammende Industrielle Nikolaus Dumba. Architektonisch ähnelt das Parlamentsgebäude der Akademie von Athen und dem Athener Zappeion, die beide von Hansen stammen. Beim Bau gab es eine Besonderheit: Zum ersten Mal wurde die Maßeinheit Meter verwendet, die erst in den Jahren 1871/72 eingeführt worden war.

Ausrufung der Republik

Am 12. November 1918 fand die erste Sitzung der Provisorischen Nationalversammlung für Deutschösterreich im neuen Parlamentsgebäude statt. Auf der Ringstraße wartete die Menschenmenge, die Zeuge wurde, als auf der Parlamentsrampe die Republik ausgerufen wurde.

Seit November 1920 tagen hier Bundesrat und Nationalrat. Unterbrochen wurde dies lediglich nach der Selbstausschaltung des Parlaments durch die Zeit des Nationalsozialismus. Zu dieser Zeit erhielt das Parlamentsgebäude den Namen Gauhaus.

Das Gebäude

Der Architekt plante eine wahre Revolution, indem er die Außengestaltung farblich vornehmen wollte. Diese mehrfarbige Außenfassade galt als urvölkerhaft und wurde ihm verwehrt. Weißer Marmor sollte es sein. An der linken Ecke der Fassade, sowie an der Ecke Reichsratsstraße/Schmerlingplatz zeugen noch heute Muster von der unvorstellbaren Idee.

Das Gebäude ist im griechisch-römischen Stil mit neugotischen Einflüssen entstanden. Auf dem Dach befinden sich Statuen, die berühmte Persönlichkeiten, darunter Sokrates oder Platon darstellen. Auf dem Giebel des Gebäudes sind die Symbole der 17 Kronländer der k.k. Monarchie zu sehen.

Die Auffahrtsrampe wird von acht Sitzstatuen gesäumt. Sie sind aus Laaser Marmor gemeißelt, darunter Julius Caesar oder Titus Livius. An den unteren Enden befinden sich Bronzestatuen von Rossbändigern. Zentrales Detail ist der ebenfalls von Hansen entworfene Pallas-Athene-Brunnen. Die Göttin stellt die gesetzgebende und vollziehende Gewalt dar. Dass die Göttin der Weisheit dem Parlament den Rücken zukehrt, sorgt allerdings immer wieder für Spott.

Im Inneren

Der historische Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses war ursprünglich für 512 Abgeordnete ausgelegt. Heute wird er jedoch nur mehr für Staatsakte verwendet, bei denen sowohl Nationalrat als auch Bundesrat anwesend sein müssen.

Mittlerweile tagt der Nationalrat im südlichen Flügel des Gebäudes. Dieser einstige Sitzungssaal des Herrenhauses wurde im Jahr 1945 durch Bomben zerstört und völlig neu aufgebaut. Der Saal wurde im Jahr 1956 in der typischen Architektur der 1950er fertiggestellt. Ein in Stahl getriebener Bundesadler ist der einzige Schmuck im Raum.

Repräsentativ gestaltet sich die Säulenhalle, die gelegentlich für Ausstellungen, politische und gesellschaftliche Anlässe genutzt wird. Seit dem Jahr 2005 existiert ein Besucherzentrum, das von der Ringstraße aus begehbar ist. Der Eingang ist direkt hinter dem Brunnen unter der Rampe. Seit Juli 2017 wird das Gebäude generalsaniert.

Das Palais Epstein

Direkt anschließend an das Parlament an der Wiener Ringstraße befindet sich ein Gebäude im typischen Stil des Historismus. Das Palais Epstein entstand in den Jahren 1868 bis 1871 im Auftrag des jüdischen Bankiers Gustav von Epstein. Bauleiter war der junge Otto Wagner.

Das Erdgeschoß beinhaltete die Räumlichkeiten für die Bank. Darüber in der Beletage lagen die prunkvollen Wohnräume. Nach dem Börsenkrach 1873 wurde das Palais verkauft. Im Jahr 1902 gelangte es in Staatsbesitz. Fortan war es der Sitz des Verwaltungsgerichtshofs, der dann im Jahr 1922 den Platz für den Stadtschulrat räumte.

Bewegte Geschichte

Während der Zeit des Nationalsozialismus war das Palais Epstein Sitz des Bauamtes der Reichsstatthalterei und zahlreiche der vorhandenen jüdischen Einrichtungsgegenstände gingen verloren. Die bewegte Geschichte des Palais ging nach dem Krieg weiter. Es wurde Sitz der sowjetischen Besatzungsmacht und erlebte währenddessen schreckliche Szenen.

Auch danach erlebte das Gebäude noch so Einiges eh es in den Jahren 2004 bis 2005 komplett renoviert wurde. Dabei wurde der Originalzustand der Beletage wieder komplett hergestellt. Heute dient das Palais als Nebengebäude des Parlaments.

Das Erdgeschoß ist Ausstellungsfläche für eine Dauerausstellung zur Familie Epstein und der Geschichte des Hauses. Die Beletage kann heute im Zuge einer Parlamentsführung besichtigt werden. In den Salons finden Preisverleihungen und Kulturveranstaltungen statt.

Öffnungszeiten
Montag bis Freitag 8.00 bis 16.00 Uhr.
Führungen Palais Epstein
Jeden Samstag um 10.30 und 13.30 Uhr

Lage/Anreise